Für den britischen Chefpropagandisten Robert Lord Vansittart ging es um „eine geistige Erneuerung der dreisten Horde“, die Deutschen sollten einer „geistigen Heilbehandlung“ unterzogen werden, um ihnen „eine brandneue Art der Lebenseinstellung“ einzupflanzen.
Zur Logik der Umerziehung gehörte die Abstrafung. Die Deutschen sollten das ihnen widerfahrene Leid als selbst verschuldet begreifen. Die Zerstörung der alten Städte paßte in die Vansittart-Logik als Teil der „Heilbehandlung“. Der Bombenterror zerstörte nicht nur materielle Güter, sondern auch kollektive Symbole und Kultur- und Geschichtsgüter usw., an die sich Erinnerungen und ideelle Werte knüpften. Die tabula rasa in den Städten schuf die Grundlage für eine tabula rasa in den Köpfen, um eine geistig-kulturelle Neuprogrammierung vorzunehmen. Wer die Umerziehung gutheißt, würdigt damit auch die Zerstörung der deutschen Städte als eine ihrer Voraussetzungen. Der jüdische Liedermacher Wolf Biermann bezeichnete die Bomben als „Himmelsgeschenke“. Antideutsche Gruppierungen, die die Umerziehung noch überbieten wollen, skandieren folgerichtig: „Bomber Harris, do it again!“. Die SPD förderte das karreeweise Niederreißen völlig intakter Architektur aus der Belle Epoque überall dort, wo sie in den 1960er und 1970er Jahren Einfluß auf Regierungs- (und Subventions-)Entscheidungen hatte. Flache, gesichtslose Sparkassen, die gefürchteten (wie eine Plastikverpackung aussehenden) Hertiefassaden und ein betongrauer, quadratischer „sozialer“ Wohnungsbau, der zur Verschandelung ganzer Städte führte, waren Markenzeichen der SPD-Politik.
Dies alles – die geistige Vergewaltigung, die Geschichtslügen und die planvolle Traditionsvernichtung – war Umerziehung und hat als Wirkmittel schwere zusätzliche Leiderfahrung zur Voraussetzung. Während Linke die Bombardierung Deutschlands und die Umerziehung heute oftmals öffentlich gutheißen, ist natürlich ein Teil des deutschen Volkes geistig gesund geblieben. Fraglich ist, ob dieser gesunde Teil des deutschen Volkes groß genug ist, um substanzerhaltend leben zu können.
Während des Zweiten Weltkrieges und der unmittelbaren Nachkriegszeit wurde durch die Alliierten eine ganze Reihe von mehr oder weniger divergierenden Nachkriegsplänen diskutiert. Vor allem in den Vereinigten Staaten spielte das zukünftige Erziehungswesen in einem besetzten Deutschland eine zentrale Rolle.[6] Hohe Aufmerksamkeit erhielt das im Jahr 1944 erschienene Buch „What to do with Germany“ („Was sollen wir mit Deutschland machen“) von Louis Nizer, einem Mitglied des jüdischen Bnai Brith Ordens. Anders als beispielsweise Henry Morgenthau schlug Nizer nicht die Ausschaltung Deutschlands als wirtschaftlichen Machtfaktor vor, sondern im Gegenteil dessen wirtschaftlichen Wiederaufbau nach dem Krieg. Nizers Nachkriegsplan für Deutschland bestand primär darin, eine Charakterwäsche von bisher nicht bekannten Dimensionen am Deutschen Volk durchzuführen, die sich des schulischen Lehrstoffs, besonders aber auch der Massenmedien wie Film und Rundfunk bedienen sollte. Höchstrangige alliierte Politiker wie Winston Churchill, Robert Vansittart, Franklin D. Roosevelt, Dwight D. Eisenhower und Harry S. Truman lasen das Buch und stimmten dem Inhalt vorbehaltlos zu. Dwight D. Eisenhower ließ als Oberbefehlshaber über die amerikanischen Besatzungstruppen in Deutschland das Buch an seine höheren Offiziere verteilen und Aufsätze über den Inhalt schreiben.
-
„After the last war: German education was untouched. Today: all Nazi-doctrine has been destroyed. New textbooks prepared for German youth… under our direction, not the Germans‘!“ — Here Is Germany (Progagandafilm 1945)
Zu den Entwürfen für das Nachkriegsdeutschland gehörten der Hooton-Plan, der Kaufman-Plan und der Morgenthau-Plan, die alle offen eine Vernichtung Deutschlands proklamierten. Erst durch die sich abzeichnende Konfrontationslage mit der Sowjetunion wurde der Marshallplan aufgelegt.
Das Buch „What to do with Germany“ enthält zur geplanten Umerziehung unter anderem folgende Forderungen:
- „Ihr Staat als geschlossene Einheit, durch den die Deutschen handelten, muß aufgelöst werden. […] Kurz gesagt, die deutsche Staatshoheit muß außer Kraft gesetzt werden. […] Psychologisch gesehen ist die vollständige Besetzung eine notwendige Bedingung für das Erziehungsprogramm, über das wir später reden werden.“
- „Als dringendster Vorschlag müßte es von Bedeutung sein, daß die Lehrbücher aller deutschen Universitäten – besonders solche die Geschichte und Politik behandeln, die Zulassung der internationalen Universität erhalten.“
- „Mit allem Nachdruck wird man den Deutschen die Literatur im Unterricht vorlegen, deren Schriftsteller die Nazis unterdrückt hatten. […] Die größten Kenner des Erziehungswesens werden herangezogen, um auch die stärksten Säulen des Preußentums und seines letzten Ausläufers, des Nationalsozialismus, einzureißen. […] Diese Lehrkräfte müssen selbstverständlich die entsprechende Feinfühligkeit und psychologisches Fingerspitzengefühl besitzen. […] Eine sich immer mehr verstärkende Folge von Lehren über Toleranz wird so entstehen.“
- „Wir müssen allen Scharfsinn und alle geistige Wendigkeit einsetzen, bei Radio, Film und für geschickte Erziehungspropaganda. Es ist die größte und vornehmste Aufgabe, die uns je auferlegt worden ist, denn es geht darum, das geistige Fundament eines ganzen Volkes zu zerstören und diesem einen neuen Charakter einzuprägen.“
- „Die Vernichtung des heidnischen Glaubens ist ein Schritt in die Richtung des Heilprozesses.“
- „Die ungeheure Überzeugungskraft dramatischer Darbietung muß voll ausgeschöpft werden. Der Film käme hier voll zur Geltung. Die größten Schriftsteller, Filmproduzenten und Stars werden unter Anleitung der ‚Internationalen Universität‘ die bodenlose Bösartigkeit des Nazismus dramatisieren und dem gegenüber die Schönheit und Einfalt eines Deutschland loben, das sich nicht länger mit Schießen und Marschieren befaßt.“
- „Erst wenn die Deutschen den hochgelehrten und überparteiischen Kuratoren der ‚Internationalen Universität‘ soweit genügen, daß sie für eine gewisse Souveränität reif und für die Welt keine Bedrohung mehr sind, wird man sie in die Völkerfamilie aufnehmen.“
- „Dadurch, daß wir normale patriotische Gefühle zulassen – auch Nationalstolz, zumal wenn dieser sich ökonomisch vorteilhaft auswirken kann – und gleichzeitig die größten Fanatiker aus ihrer Mitte entfernen, können wir nach und nach für jene „reine Atmosphäre“ sorgen, die wir brauchen, um die Deutschen unter Kontrolle zu halten. […] Mit Ausdauer und endloser Wiederholung müssen die Massen der Deutschen für eine neue Überlieferung losgelassen werden. Die preußische Erziehung muß für immer abtreten.“
- „Das gesamte Erziehungssystem in Deutschland muß vernichtet werden, genau wie seine Rüstungswerke. Seine geistige Verfassung, deren Auswirkungen für die Menschheit nicht weniger gefährlich sind als die verschiedenen Granaten aus den Munitionsfabriken, hat es sich selbst zuzuschreiben.“
- „Die Aufgabe, die falschen Lehren des deutschen Nationalismus auszurotten, kann nicht den Deutschen allein anvertraut werden. […] Die Angelegenheit darf nicht wieder der deutschen Selbstreform überlassen werden.“
- „Das Erziehungsprogramm muß unter internationaler Schirmherrschaft durchgeführt werden. Wenn ein übernationales Aufsichtsgremium erstellt ist, wird dies der zweckmäßigsten und unauffälligsten Überwachung dienen.“
- „Soweit es möglich ist, sollten die Professoren aus deutschen Liberalen und Demokraten ausgewählt werden. Fehlende werden international gewählt.“
- „Die Wiederbelebung demokratischer Kultur muß sich aller erdenkbaren Mittel zur Beeinflussung der Geisteshaltung bedienen. Wir haben aufgezeigt, wie in dieser Hinsicht, Kirche, Film, Theater, Radio, Presse und Gewerkschaften eingespannt werden können.“
- „Ein breit gefächertes Erziehungsprogramm wird zum Hauptziel die Anleitung zur demokratischen Selbstregierung haben. […] Bedingung dafür ist ganz einfach eine neue Geisteshaltung.“