Das Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich war ein Ermächtigungsgesetz. Mit Verabschiedung von Ermächtigungsgesetzen konnte der Reichstag gemäß Weimarer Reichsverfassung von 1919 der Reichsregierung die befristete Befugnis zur Gesetzgebung übertragen. Diese Übertragung war im Spannungsfall von einer Zweidrittelmehrheit im Reichstag abhängig. Die ersten drei Ermächtigungsgesetze gab es in den Krisenjahren 1919 bis 1924. So regierte Reichspräsident Friedrich Ebert während der Hälfte seiner Amtszeit mit Hilfe von Ermächtigungsgesetzen.
Derzeit wird der Begriff Ermächtigungsgesetz zumeist mit diesem Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich in Verbindung gebracht. Am 21. März, dem Tag von Potsdam, hatte Hitler seinen Arbeitsplan als Kanzler verkündet. Die Stichworte waren: Reichsreform, Beseitigung der Arbeitslosigkeit (31. Januar 1933: 6.014 Millionen Arbeitslose im Reich), Rettung des Bauernstandes, Erneuerung des Volkes (in körperlicher und geistiger Hinsicht) und Erkämpfung außenpolitischer Gleichberechtigung.
Daraufhin wurde am 23. März 1933 vom Reichstag ein neues Gesetz beschlossen und am 24. März verkündet, das Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich: Dieses Gesetz kam infolge der von Reichspräsident Hindenburg nach dem Reichstagsbrand erlassenen Reichstagsbrandverordnung demokratisch zustande. Es gab also weiterhin den Reichspräsidenten, die Verfassung blieb ja in Kraft, dieser war allerdings an die Gegenzeichnung des Reichskanzlers gebunden.
Bei der Reichstagsabstimmung stimmten 441 Reichstagsabgeordnete (also außer der Regierungskoalition noch weitere 101 für und 94 gegen die Annahme des Gesetzes. Bei einer Gesamtabgeordnetenzahl von 647 (einschließlich der nicht mehr anwesenden kommunistischen Abgeordneten) war die bei 431 Stimmen liegende verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit knapp, aber klar überschritten.
Die Sozialdemokratische Partei hatte am 23. März zwar gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt, in der nächsten Reichstagssitzung stimmte sie jedoch für die Annahme von folgender Erklärung:
„Der Deutsche Reichstag … billigt die Erklärung der Reichsregierung und stellt sich … geschlossen hinter die Reichsregierung.“
Es wurde geglaubt, daß nach den jahrelangen Versäumissen seit dem Zwangsvertrag von Versailles ein Aufbruch des Volkes zu sich selbst unter den veränderten Zeitverhältnissen endlich unternommen werden mußte.
Die Gültigkeit des Gesetzes wurde auf jeweils vier Jahre begrenzt, jedoch darauf geachtet, daß sie vor Ablauf der Ermächtigung in den Jahren 1937 und 1939 demokratisch durch den Reichstag sowie während des Zweiten Weltkrieges 1943 per Führererlaß verlängert wurde. Mit Inkrafttreten dieses Gesetzes erhielt die am 5. März 1933 gewählte neue Reichsregierung die legale, auf demokratisch gewähltem Weg zeitlich begrenzte Möglichkeit zur notwendigen Umstrukturierung des Staates.
„In den letzten Jahren vor Reichskanzler Hitler wurde nur noch mit Hilfe des Art. 48 der Reichsverfassung, das heißt per Notverordnungen regiert. Seine Ernennung zum Reichskanzler verlief absolut legal. […] Hitler hat sich an die Spielregeln der Verfassung gehalten. Vorgesehen war auch das Regieren über ein Ermächtigungsgesetz. Das nahm er für vier Jahre in Anspruch. Übrigens, in Polen hatte Pilsudski ebenfalls mit Hilfe eines Ermächtigungsgesetzes regiert. Ebenso wurde in den USA, Großbritannien, Frankreich und anderen Staaten in dieser Weise regiert. Niemand in der Welt hatte sich darüber aufgeregt. Bei Hitler sollte es plötzlich anrüchig sein. Warum? Weil es eben Hitler war!“ Erich Glagau: Erinnerungen eines Zeitzeugen: Erlebte Vergangenheit, Gegenwart, Blick in die Zukunft. Baunatal 2002, S. 19